Jetzt ist es auch egal.
Der Regen fällt in langen, schrägen Fäden auf die Erde. Wasser rinnt über die Dachziegel der Häuser. Menschen mit Regenschirmen eilen über die Straße und suchen ihren Weg ins Trockene.
Das Herbstwetter ist, wie angekündigt, eingetroffen.
Heute Morgen noch hat sich jemand bei mir beklagt, dass es so warm sei. „Ich hätte nichts dagegen, wenn jetzt der Herbst mal kommen würde. Ist ja nicht normal, dass es so warm ist!“ Ich kann mich nicht beklagen, ich fand die warmen, sonnigen Tage schön. Gleichzeitig habe ich mich heute gefreut, als mit der Herbstwind die Haare zerzauste. Aber ich mag ja auch den Herbst.
Aber irgendwie kam mir die Bemerkung über das warme Wetter undankbar vor. Da gibt sich der Herbst alle Mühe, uns etwas für den miserablen Sommer zu entschädigen und das einzige, was uns dazu einfällt, ist: „Du kannst dir deine Sonne sonst wo hin stecken. Jetzt ist es auch egal.“
Wir sind wie kleine Kinder, die etwas haben wollen und zwar sofort. Und wenn wir es nicht bekommen, dann sind wir beleidigt. (Man denke an alle Sommer-Beschwerden.) Aber wenn wir es dann doch plötzlich bekommen, aus welchem Grund auch immer, dann sind wir nicht wie kleine Kinder. Die würden sich einfach daran freuen, dass sie das, was sich gewünscht haben, bekommen, wenn auch verspätet. Nein, dann sind wir total „erwachsen“ und tun so, als ob wir es jetzt gar nicht mehr haben wollen, finden genug Gründe, es nicht anzunehmen und in einer Mecker-Haltung zu bleiben.
Und ich bin davon überzeugt, dieses Verhalten legen „wir Erwachsene“ nicht nur bei Wetterfragen an den Tag.
Wenn du um etwas bittest und es später bekommst, als du es dir vorgestellt hast – bist du dann dankbar oder vorwurfsvoll?
Wenn dich jemand um Verzeihung bittet, später als du es für angemessen gehalten hättest – vergibst du ihm dann oder bist du weiter beleidigt und distanziert?
Wenn dich jemand anrufen sollte oder du mit jemanden verabredet bist und er es später tut oder später kommt als vereinbart – freust du dich dann, Zeit mit der Person zu verbringen oder bist du genervt, weil dein Zeitplan gestört wurde?
Ich glaube, es ist wertvoller, sich wie ein Kind zu verhalten und sich über etwas zu freuen, auch wenn es später kommt als erwartet, anstatt sich „erwachsen“ mit den Worten „Jetzt ist es auch egal.“ abzuwenden.
Danke fürs Lesen.
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