Sommernacht # Einsamkeit

 
„Gibt es Tage, an denen du einsam bist?“
„Ohja. Die gibt es. Es sind meistens nicht die Tage, an denen ich wirklich allein bin oder an denen ich niemanden zum reden habe.“
„Aber das ist doch Einsamkeit!“
„Schon, aber diese Einsamkeit kann man ertragen. Die kommt immer mal vor und meistens muss man sich dann nur aufraffen und mal jemanden anrufen oder besuchen. Dann geht diese Art von Einsamkeit weg. Aber an Tagen, an denen ich mich wirklich einsam fühl, ist es eine andere Einsamkeit.“
„Und was für eine Einsamkeit ist es dann?“
„Es ist diese Art von Einsamkeit, bei der es nicht darauf ankommt, wieviele Leute um dich herum sind oder mit wievielen du sprichst. Das sind Tage, an denen dich niemand, ja wirklich niemand, versteht. Auch wenn du versuchst allen zu erklären, was mit dir los ist – niemand wird es so begreifen, wie du es in dir fühlst. Ja, du kannst es dir noch nicht einmal selbst richtig erklären, was du alles denkst du fühlst, wie sollst du es dann irgendjemanden außerhalb deines Körpers verständlich machen können?“
„Und das ist die Einsamkeit?“
„Ja. Wenn du weißt, dass niemand dich wirklich versteht, dann kannst du dich schrecklich einsam fühlen, selbst wenn Menschen da sind, auch die, die es gut mit dir meinen. Einsamkeit findet meistens im Herzen statt und manchmal ist es verdammt schwierig, jemanden in sein Herz zu lassen.“
„Aber kann man denn gar nichts tun, wenn man sich auf diese Weise einsam fühlt?“
„Doch, sicherlich. Aber es gibt kein allgemeines Rezept.“
„Und was machst du, wenn du dich so einsam fühlst?“
„Manchmal lass ich mich einfach gehen, vor allem wenn ich mich selbst gar nicht mehr verstehe. Aber meistens versuche ich genau da: Ersteinmal mich selbst versuchen zu verstehen. Sagen, schreiben, schreien, malen was mein Herz bewegt. Denn wenn schon mal ich mein Herz verstehe, dann ist es gleich ein bisschen weniger einsam. Mit ein bisschen Glück findet sich doch noch jemand, der es wirklich versteht.
Und wenn alles nichts bringt, hilft es manchmal einfach ins Bett zu gehen und zu schlafen. Denn im Schlaf ist das Herz selten einsam. Und an einem neuen Morgen sieht die Welt oft ganz anders aus.“

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Die Sommernacht # - Serie ist eine Juliaktion. Es sind Texte, die überwiegend in den späten Abendstunden in diesem Sommer entstanden sind. Sie sind vielleicht melancholischer und theatralischer als hier in letzter Zeit so üblich, aber meines Erachtens dadurch auch sehr besonders. Über Feedback jeglicher Art freue ich mich - wie immer.

Kommentare

Mürri hat gesagt…
Und schon sind wir darin ein bisschen weniger einsam, zu wissen, dass es anderen manchmal ganz genauso geht... :)

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