Mangelhaft?
Ich bin ein Schisser. Wirklich. Vor
allem wenn es um die Probleme anderer Menschen geht. Dabei höre ich
gerne zu, bin dankbar für Vertrauen, dass andere mir
entgegenbringen, wenn sie mir von ihren Herausforderungen erzählen.
Manchmal hilft es ja auch schon, wenn sie einfach mal ihren Frust
losgeworden sind, ihre Probleme verbalisiert haben, die großen
Emotionen freien Lauf haben. Aber nicht immer. Genau genommen
eigentlich nie. Denn ja, es hilft in dem Moment, es fühlt sich
befreiend an, alles loszuwerden. Aber in den allermeisten Fällen,
packt man das Problem danach einfach wieder in seine Tasche und geht
wieder seines Weges. Und der Zuhörer (ich in dem Falle) nehme auch
gleich noch ein Stück davon mit. Trage die Herausforderung des
anderen in meinem Herzen, mache mir Gedanken und Sorgen, stelle
Fragen und suche nach Antworten. Und das macht mir Angst. Denn ich
weiß: Damit ist nicht geholfen. Und zu oft sind es Dinge, die sich
nicht mit einem Lächeln, einer Umarmung, einem lieben Wort wieder
gut machen lassen. Das macht mir noch mehr Angst. Macht mich hilflos
und wütend. Warum kann eine Umarmung ein gebrochenes Herz nicht
heilen? Warum kann ein Lächeln nicht Frieden stiften? Warum kann ein
liebes Wort nicht Krankheit verscheuchen?
Besonders oft geht mir dabei die
psychische Verfassung der Personen in ihren Herausforderungen nahe.
Wenn Hoffnung, Glaube, Liebe, Zuversicht, Mut und Kraft nur noch
Worthülsen sind, die man versucht mit Inhalt zu stopfen, den man
nicht zu fassen bekommt. Ich will keine Worthülsen. Ich will keine
Oberflächlichkeit. Ich will nicht fliehen. Auch wenn ich in den
Abgrund der Aussichtslosigkeit starre und verstehe, warum die Person
nicht mehr so tun kann, als wäre da nichts.
Ich will kämpfen. Ich will eintreten.
Ich will ausfüllen. In das was fehlt. Ich will das tun, was die
andere Person nicht mehr kann.
Ich will dich tragen, wenn dir die
Kraft fehlt.
Ich will dich aufrichten, wenn du
keinen Elan mehr hast.
Ich will hoffen, wenn du die Hoffnung
verlierst.
Ich will dich und dein Leben lieben,
wenn du nicht mehr lieben kannst.
Ich will für dich mit glauben, wenn du
nicht glaubst.
Und wenn du keine Zuversicht hast,
werde ich sie haben für uns beide.
Das alles will ich. Nicht weil ich für
mich so besonders halt oder glaube, dass ich mehr aushalte als mein
Gegenüber. Keines falls. Das alles will ich, weil ich mich mit dem
Mangel nicht zufrieden geben will und weil ich geben will, was ich
geben kann. Und wenn es das ist, dann will ich da sein.
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