Last Minute.
Ich weiß nicht genau, ob es in jeden Bundesland so ist, aber in Baden-Württemberg gibt es ein Gesetz, dass es Läden aller Art verbietet, nach 22 Uhr Alkohol zu verkaufen. Für einige Läden ist das eh nicht relevant, weil sie schon um 20 Uhr schließen. Schwieriger wird’s für Geschäfte, wie wir eines in Mannheim haben, die bis 24 Uhr geöffnet haben. Bis 24 Uhr kannst du Wurst, Käse, Pizza und Cola und alles kaufen, aber ab 22 Uhr gibt’s keinen Alkohol mehr.
Ich war letztens kurz vor 22 Uhr in diesem Geschäft und es war rammelvoll! Drei Kassen waren geöffnet und die Schlangen waren unglaublich lang. An der Kasse beobachtete ich dann, wie ein junger Kerl sich an den Wurst- und Käsekäufern vorbeiargumentierte mit seiner einen Bierdose in der Hand und den Blick auf die Armbanduhr. Die nicht-alkohol-Käufer ließen ihn augenrollend vor und er konnte seine Bierdose Punkt 22 Uhr noch kaufen.
Und ich habe mich gefragt: Warum muss er seine eine Bierdose genau um kurz vor zehn kaufen? Warum kann er nicht vorher dafür sorgen, mit Alkohol zugedeckt zu sein? Warum plant man sowas nicht vorausschauend? Und wenn er dann schon dieses Stress auf sich nimmt, warum dann nur EINE DOSE?
Ja, ich weiß, vielleicht hatte er an dem Abend eigentlich was ganz anderes vor und es war spontan, dass er jetzt auf diese Party gehen wollte, und das Bier auf der Party ist vielleicht nicht so gut oder kostet was und dann vermutlich mehr als im Supermarkt. Oder er hatte seine Bahn verpasst und war deswegen erst so knapp in den Laden gekommen. Oder sonst was.
Wir haben immer eine Menge Gründe und Ausreden, warum wir unser Leben auf den letzten Drücker planen oder eben nicht planen. Und es wird uns auch in allen Medien vorgelebt: Sei spontan und frei, lass dich nicht festlegen und schon gar nicht verpflichten. Und wenn du etwas last minute machst, kriegst du es vielleicht sogar billiger! Ein Leben für Unentschlossene!
Und ich habe auch nichts gegen Spontanität. Aber nicht immer tun wir uns einen Gefallen damit, in unserem Leben alles auf den letzten Drücker zu machen. Oftmals entstehen dabei Druck, schlechte Gewissen und Stress. Und wir machen die meisten Dinge nicht auf den letzten Drücker, weil wir es lieber spontan mögen, sondern weil wir es vor uns herschieben und faul sind.
Man denke dann nur an das Lernen für Klassenarbeit, am Abend vor der Arbeit.
Oder das Schreiben einer Hausarbeit innerhalb eines Tages vor Abgabetermin.
Oder das Vorbereiten irgendeiner Sache, auf der Fahrt zum Termin.
Oder jemanden um Verzeihung zu bitten, bevor man sich aus den Augen verliert.
Oder jemanden sagen, was er einem bedeutet.
Oder mit Gott reden, bevor das Leben vorbei ist.
Wir leben in einer Last-Minute-Gesellschaft, die uns vorgaukelt, dass wir noch unglaublich viel Zeit haben, uns zu entscheiden. Aber auch in einer Last-Minute-Gesellschaft gibt es eine Deadline, im wahrsten Sinne des Wortes. Und was passiert, wenn wir nicht mehr soviel Zeit haben, wie wir uns das vorstellen? Und wenn die Zeit vorbei ist, in der wir alles auf Morgen verschieben können?
Danke fürs Lesen.
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