Ich mach das jetzt.
„Ich mach das jetzt einfach.“,
sagte sie laut, nachdem sie mindestens eine halbe Stunde vor ihrem
überdimensionalen Bücherregal gestanden hatte, mit der Raumskizze
in der Hand und der großen Unzufriedenheit im Bauch. Wer auch immer
auf die Idee gekommen war (vermutlich war sie es selbst gewesen), das
Regal würde an diesem Platz gut zur Geltung kommen und den Raum
verschönern, hatte Unrecht gehabt. Es sah scheußlich aus und jedes
Mal, wenn sie es sah, und das war täglich, ärgerte sie sich ein
bisschen darüber. Und weil es so unpraktisch dort stand, räumte sie
die benutzten Bücher auch nicht mehr ordentlich ein, sodass sich auf
jedem Brett ein kleiner Stapel Bücher angesammelt hatte, der dazu
beitrug, dass Regal noch unansehnlicher zu machen. Lange hatte sie
mit sich selbst diskutiert, ob das ganze Arrangement nicht an der
einzigen anderen Wand, an der es Platz hatte, besser aussehen würde.
Jeden Besucher hatte sie danach befragt und die Meinungen waren in
alle Himmelsrichtungen auseinander gegangen. Am meisten hatte sie den
Spruch „Willst du dir den Stress wirklich antun? So schlecht sieht
es doch gar nicht aus und überleg mal, wie viele Bücher du dann
aus- und einräumen musst!“ gehört, auch von sich selbst. Aber die
Unzufriedenheit im Bauch war stetig gewachsen und irgendwann musste
sie feststellen, dass sie lieber einen großen Bogen um diese Ecke
ihrer Wohnung machte oder einfach blind daran vorbei lief, als sich
an der wunderschönen Pracht ihrer Bücher zu erfreuen.
Kurzerhand räumte sie das Regal von
oben nach unten und andersherum aus, stapelte die Bücher auf dem
Boden um sich herum. Die ersten drei Regalböden waren mühselig und
es flatterten ihr ein paar nicht einsortierte Dokumente entgegen und
ein Stapel Fotos.. „Nein.“, sagte sie wieder laut und pfefferte
diese in die andere Ecke des Zimmers. Keine Ablenkung. Keine
Gefühlsduselei. Kein Rückzug. Bücherstapel um Bücherstapel
wanderte auf den Boden, bis das Regal plötzlich leer und schnell an
seinem neuen Platz stand. Einmal tief durchatmen. Und dann Stapel um
Stapel wieder einräumen. Mit welchen System? Was sollte gesehen und
was eher versteckt werden? Fragen, die schnell beantwortet waren,
sodass das Einräumen zügig ging.
Und dann saß sie andächtig vor dem
Regal an der neuen Wand. Das gleiche Regal. Die gleichen Bücher. Und
trotzdem war alles anders. Bestimmt eine viertel Stunde saß sie und
betrachtete ihr Werk. Dann verließ sie den Raum um direkt wieder
hereinzukommen und das neue Arrangement auf sich wirken zu lassen.
Konnte sie jemand anrufen, der vorbeikommt um sich dieses großartige
Wunderwerk anzuschauen? Nein. Es war schon nach Mitternacht. Und wer
kommt schon, um sich ein umgestelltes Bücherregal anzuschauen? Also
ging sie ins Bett. Und fand nach wenigen Minuten einen Grund nochmal
auf zustehen und beinahe zufällig einen weiteren Blick auf die
Umstellung zu werfen. So tausendmillionen Mal besser sah es nun aus.
Und was hatte sie dorthin gebracht? Das Nachdenken, Skizzieren und
Meinung einholen? Nein. Oder nur ein bisschen. Ausschlaggebend war
ein lautes „Ich mach das jetzt einfach.“ und ein bisschen
Durchhaltevermögen. Wenn im Leben doch alles nur so einfach wäre..
Moment, ist es das nicht?
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