Die Sache mit den Erkenntnissen.

Jeder Mensch hat Erkenntnisse. Beinahe täglich. Wir erkennen, dass es sinnvoll ist, im Herbst immer einen Regenschirm in Griffweite zu haben oder dass man sich doch lieber eine Kleidungsschicht mehr anlegen sollte. Wir erkennen, dass es doch sehr nervenaufreibend sein kann, einem Typen dabei zuzusehen, wie er die Schallmauer mit einem Sprung aus der Stratosphäre durchbricht oder das der Salat im Kühlschrank schlecht geworden ist und wir dringend neue Milch brauchen. Wir erkennen Dinge und ziehen einen Schluss daraus. Wir lernen etwas dazu. Wir wachsen. Wir gehen voran. Wir lassen vielleicht sogar Dinge hinter uns, wenn wir erkennen, dass diese Verhaltensweise uns nicht gut tut und wir sie unterlassen sollten oder dass jene Beziehung an ein Ende gelangt ist.

Die Schlussfolgerungen, die wir aus diesen Erkenntnissen ziehen, sind wichtig für uns, teilweise sogar überlebenswichtig. Und eine (überlebens-)wichtige Information werden wir nicht für uns behalten. So wie Eltern ihren Kindern Grundlagenwissen mitgeben, damit sie überleben können in unserer Welt, gibt jeder Mensch seine Erkenntnisse weiter, denn er will seine Mitmenschen am Leben erhalten.

Aber manchmal passiert es, dass wir Erkenntnisse haben, die für unsere Mitmenschen in ihren Lebenssituationen eigentlich nicht relevant sind. Stellen wir uns folgendes vor:

Ein Mensch will sich im Tauchen üben und springt in einen See und taucht und taucht und taucht. Früher oder später wird er feststellen, dass er nicht genügend Sauerstoff in sich hat, um eine lange Tauchstrecke unbeschadet zu überstehen. Diese Erkenntnis ist für ihn überlebenswichtig und von großer Bedeutung. Beim nächsten Tauchgang rüstet er sich also mit einem Sauerstoffgerät aus und kann so sein Vorhaben vollkommen machen. Nachdem er wieder auftaucht, sieht er einen anderen Menschen am Ufer sitzen und klettert an Land und fragt: „Hast du ein Sauerstoffgerät?“ Der am Ufer Sitzende verneint. „Nicht? Mensch, ich sag dir, ein Sauerstoffgerät ist so wichtig! Du solltest dir unbedingt eins anschaffen! Du wirst es brauchen, wenn du in dem See tauchst! Mir hat es vollkommen neue Möglichkeiten eröffnet und indirekt sogar das Leben gerettet! Ich wollte es erst so versuchen, aber erst mit dem Gerät hier, konnte ich beinahe bis zum Grund tauchen!“ Der andere nickt und lächelt. „Wirklich! Dieses Sauerstoffgerät ist so wichtig! Hol dir eins! Du wirst es nicht bereuen!“ Was soll der andere da sagen? Vielleicht will er niemals so tief tauchen. Und so lange er am Ufer sitzt und den Sauerstoff atmet, der ihn umgibt, wird er nicht auf ein Sauerstoffgerät angewiesen sein. Und trotzdem hat der Taucher recht: Im Falle des tiefen Tauchens ist ein Sauerstoffgerät unablässig und überlebenswichtig.

Was ich damit sagen möchte: Manchmal haben wir Erkenntnisse, die für uns von großer Bedeutung sind, aber für andere Menschen eigentlich gerade überhaupt nicht relevant. Und genauso kann es passieren, dass Menschen uns von ihren Erkenntnis berichten und vielleicht sogar versuchen uns davon zu überzeugen, dass es gerade das einzige Thema ist, was irgendeine Bedeutung hat. Aber nicht immer hat das, was für uns überlebenswichtig ist, die gleiche Wichtigkeit für die Menschen um uns herum in ihrer Situation. Und trotzdem kann es wichtig sein, ihnen die Erkenntnis weiterzugeben, im Fall dessen, das sie in deine Situation kommen. Ebenso kann es wertvoll sein, auf die Erkenntnisse der anderen zu hören, auch wenn sie einem selbst in dem Moment völlig überflüssig und unwichtig erscheinen. Sie können für uns in einer anderen Situation ebenso überlebenswichtig sein. Und manchmal ist es gut, von den Erkenntnissen anderer Menschen zu lernen.

Danke fürs Lesen. 

Kommentare

der vater der 'braut' hat gesagt…
da kann ich nur sagen: GUT ERKANNT !

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