Augen, Herz und Hirn
Mein Gehirn ist wie ein Schwamm. Fast alles, was ich visuell wahrnehme, wird automatisch gespeichert. Ich habe unendlich viele Erinnerungen. Meistens sind es nur kurze Augenblicke, Gesichtsausdrücke, Gesten oder Wörter. Manchmal sind es Gegenstände oder Zahlen. Ich merke mir gewiss nicht alles und ich hab auch kein photographisches Gedächtnis (dann wäre mir das Erlernen von Fremdsprachen nicht so schwer gefallen). Aber die meisten Eindrücke von Menschen nehme ich auf und lasse sie nicht so schnell wieder los.
Deshalb war das LARP auch recht anstrengend für mich an einigen Stellen, denn dabei handelte es sich für mich und mein Gehirn um eine visuelle Reizüberflutung. Am besten verarbeiten kann ich diese unzählige Masse an Aufnahmen im Schlaf und im Dämmerzustand vor dem Schlaf. Wodurch Schlafen für mich aber irgendwie kein besonderer Erholungsakt ist, denn ich weiß, wenn ich zu Bett gehe, was mich erwartet: Bilder von Menschen. Und die Gedanken, die ich mir dazu mache.
Weil es mir heute wieder mal so massiv aufgefallen ist, hier mal ein Einblick: Ein kurzer Gang durch die Stadt für ein paar Erledigungen:
- der Copyshop-Mann meines Vertrauens, kariertes Hemd wie immer, ist heute entspannter als sonst weil nicht viel los ist, hilft mir mein Dokument neu zu formatieren, weil mir ein Fehler unterlaufen ist, ich versuche an seinem Gesicht zu erkennen, ob er mein Dokument liest und frage mich, was er wohl jeden Tag zu sehen bekommt, wenn er das machen würde (macht er vermutlich aus Diskretion nicht, zumindest lässt er es sich nicht anmerken)
- drei junge Mädchen gehen vor mir auf der Straße, eine mit einem Irokesen. Ich überlege, warum sie wohl diese Frisur hat, ob es sich dabei nur um eine Mode handelt, denn ihr Gesicht sieht nicht so aus, als ob sie sehr punkig drauf wäre.
- eine alte Dame sitzt auf einer Bank und isst ein Eis. Ich überlege, wie sie wohl reagieren würde, wenn ich mich zu ihr setzte und mit ihr ein bisschen reden würde. Würde sie sich darüber freuen? Oder fände sie es belästigend?
- die Frau am Schalter in der Post trägt eine Brille mit sehr dicken Gläsern. Ich überlege, ob sie deswegen des öfteren oder früher viel gehänselt wurde und staune darüber, dass es solche Brillen gibt.
- der alte Mann am Brunnen füttert ca. 50 Spatzen und 3 Tauben mit Brotkrumen. Ich überlege, ob er sich die Brötchen gekauft hat, um sie selbst zu essen oder gleich mit der Absicht, die Vögel zu erfreuen. Ich entschließe mich einen kleinen Bogen zu laufen, um nicht durch den Vogelschwarm zu laufen und sie damit alle aufzuscheuchen.
- Ein Mann mittleren Alters und eine jüngere Frau unterhalten sich vor einem Geschäft. Es sieht so aus, als gehöre der Mann zu dem Stand ein paar Meter weiter. Ich frage mich, worüber sie reden, ob er sie angesprochen hat und wie ich reagieren würde, wenn man mich anspräche. Mein erster Gedanke war: „Wenn Sie mir nichts verkaufen wollen, können wir gerne reden.“ (vorausgesetzt ich hätte Zeit..)
- Im Laden steht ein Mann neben einem Kinderwagen mit einem etwa ein Jahr altem Kind auf dem Arm. Sein Gesichtsausdruck schwankt zwischen Stolz und Unsicherheit. Vermutlich sucht die Mutter des Kindes soeben nach den Einkaufswaren.
- Eine Frau steht neben einem Regal und hält einen Babystrampler in der Hand. Ich überlege, ob sie vielleicht nach einem Geschenk sucht. Sie tritt neben dem Regal hervor und ich entdecke ihren Kugelbauch. Ich schmunzle unwillkürlich und frage mich, in welchem Monat sie wohl ist.
- An der Rolltreppe steht ein Mann, den einen Fuß leicht angehoben und betrachtet der Treppenstufen, die nach unten rollen. Er zögert einige Stufen lang und macht dann einen so großen Schritt, dass ich kurz befürchte, er erreicht die Stufe nicht mehr. Entweder hat er Angst vor Rolltreppen oder er kennt sie nicht oder er ist vielleicht autistisch veranlagt.
- Auf dem Weg ins nächste Geschäft fällt mir eine Frau auf, die ihren Kopf zur Seite gedreht hat und dabei ist, eine Zigarette anzuzünden. Ich gehe einen Schritt langsamer, um ihr Gesicht zu sehen, wenn sie es wieder nach vorne wendet. Und ich sehe das was ich erwartet habe, ein Gesicht, dem man ansieht, dass es schon einiges durchgemacht hat. (Die Vermutung rührt nicht von der Zigarette her, sondern von dem Gesamteindruck)
- Der Mann an der Kasse hat helle Flecken im Gesicht. Ich denke darüber nach, ob er sich den Schnurrbart hat stehen lassen, um von den Flecken abzulenken. Bei meiner Betrachtung hat das zumindest nichts gebracht..
Alles, was ich an oder in den Menschen sehe hat keinen Wahrheitsgehalt, denn ich kenne diese Menschen ja nicht und habe noch nicht einmal mit ihnen geredet. Aber es erstaunt mich so sehr, dass ich zum einen in der Situation so viel über diese Menschen nachdenke und zum anderen, dass ich das alles knapp elf Stunden später immer noch so wieder geben kann. Obwohl es eigentlich keine Bedeutung hat...
Dies waren also ein paar Einblicke in mein verwirrtes Hirn.. Danke fürs lesen.
Deshalb war das LARP auch recht anstrengend für mich an einigen Stellen, denn dabei handelte es sich für mich und mein Gehirn um eine visuelle Reizüberflutung. Am besten verarbeiten kann ich diese unzählige Masse an Aufnahmen im Schlaf und im Dämmerzustand vor dem Schlaf. Wodurch Schlafen für mich aber irgendwie kein besonderer Erholungsakt ist, denn ich weiß, wenn ich zu Bett gehe, was mich erwartet: Bilder von Menschen. Und die Gedanken, die ich mir dazu mache.
Weil es mir heute wieder mal so massiv aufgefallen ist, hier mal ein Einblick: Ein kurzer Gang durch die Stadt für ein paar Erledigungen:
- der Copyshop-Mann meines Vertrauens, kariertes Hemd wie immer, ist heute entspannter als sonst weil nicht viel los ist, hilft mir mein Dokument neu zu formatieren, weil mir ein Fehler unterlaufen ist, ich versuche an seinem Gesicht zu erkennen, ob er mein Dokument liest und frage mich, was er wohl jeden Tag zu sehen bekommt, wenn er das machen würde (macht er vermutlich aus Diskretion nicht, zumindest lässt er es sich nicht anmerken)
- drei junge Mädchen gehen vor mir auf der Straße, eine mit einem Irokesen. Ich überlege, warum sie wohl diese Frisur hat, ob es sich dabei nur um eine Mode handelt, denn ihr Gesicht sieht nicht so aus, als ob sie sehr punkig drauf wäre.
- eine alte Dame sitzt auf einer Bank und isst ein Eis. Ich überlege, wie sie wohl reagieren würde, wenn ich mich zu ihr setzte und mit ihr ein bisschen reden würde. Würde sie sich darüber freuen? Oder fände sie es belästigend?
- die Frau am Schalter in der Post trägt eine Brille mit sehr dicken Gläsern. Ich überlege, ob sie deswegen des öfteren oder früher viel gehänselt wurde und staune darüber, dass es solche Brillen gibt.
- der alte Mann am Brunnen füttert ca. 50 Spatzen und 3 Tauben mit Brotkrumen. Ich überlege, ob er sich die Brötchen gekauft hat, um sie selbst zu essen oder gleich mit der Absicht, die Vögel zu erfreuen. Ich entschließe mich einen kleinen Bogen zu laufen, um nicht durch den Vogelschwarm zu laufen und sie damit alle aufzuscheuchen.
- Ein Mann mittleren Alters und eine jüngere Frau unterhalten sich vor einem Geschäft. Es sieht so aus, als gehöre der Mann zu dem Stand ein paar Meter weiter. Ich frage mich, worüber sie reden, ob er sie angesprochen hat und wie ich reagieren würde, wenn man mich anspräche. Mein erster Gedanke war: „Wenn Sie mir nichts verkaufen wollen, können wir gerne reden.“ (vorausgesetzt ich hätte Zeit..)
- Im Laden steht ein Mann neben einem Kinderwagen mit einem etwa ein Jahr altem Kind auf dem Arm. Sein Gesichtsausdruck schwankt zwischen Stolz und Unsicherheit. Vermutlich sucht die Mutter des Kindes soeben nach den Einkaufswaren.
- Eine Frau steht neben einem Regal und hält einen Babystrampler in der Hand. Ich überlege, ob sie vielleicht nach einem Geschenk sucht. Sie tritt neben dem Regal hervor und ich entdecke ihren Kugelbauch. Ich schmunzle unwillkürlich und frage mich, in welchem Monat sie wohl ist.
- An der Rolltreppe steht ein Mann, den einen Fuß leicht angehoben und betrachtet der Treppenstufen, die nach unten rollen. Er zögert einige Stufen lang und macht dann einen so großen Schritt, dass ich kurz befürchte, er erreicht die Stufe nicht mehr. Entweder hat er Angst vor Rolltreppen oder er kennt sie nicht oder er ist vielleicht autistisch veranlagt.
- Auf dem Weg ins nächste Geschäft fällt mir eine Frau auf, die ihren Kopf zur Seite gedreht hat und dabei ist, eine Zigarette anzuzünden. Ich gehe einen Schritt langsamer, um ihr Gesicht zu sehen, wenn sie es wieder nach vorne wendet. Und ich sehe das was ich erwartet habe, ein Gesicht, dem man ansieht, dass es schon einiges durchgemacht hat. (Die Vermutung rührt nicht von der Zigarette her, sondern von dem Gesamteindruck)
- Der Mann an der Kasse hat helle Flecken im Gesicht. Ich denke darüber nach, ob er sich den Schnurrbart hat stehen lassen, um von den Flecken abzulenken. Bei meiner Betrachtung hat das zumindest nichts gebracht..
Alles, was ich an oder in den Menschen sehe hat keinen Wahrheitsgehalt, denn ich kenne diese Menschen ja nicht und habe noch nicht einmal mit ihnen geredet. Aber es erstaunt mich so sehr, dass ich zum einen in der Situation so viel über diese Menschen nachdenke und zum anderen, dass ich das alles knapp elf Stunden später immer noch so wieder geben kann. Obwohl es eigentlich keine Bedeutung hat...
Dies waren also ein paar Einblicke in mein verwirrtes Hirn.. Danke fürs lesen.
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