Fast perfekt. Teil 1.
Ich habe seit sehr langer Zeit mal wieder eine Kurzgeschichte geschrieben, die hier in zwei Teilen erscheinen wird. Dies hier ist der erste Teil:
„Scheiße.“, sagte er und ich nickte. Es gab kein Wort, dass diese Situation besser beschreiben könnte.
Wir saßen auf einer Bank im Schatten im Stadtpark. Das war eigentlich ein unpassender Ort, denn wir hatten noch nie hier zusammen gesessen. Als wir vor zwei Jahren in einem Anfall von guten Vorsätzen versucht hatten, regelmäßig zusammen joggen zu gehen, waren wir hier jedes Mal vorbei gekommen. Und jedes Mal schlug einer von uns beiden dem anderen vor, hier eine kurze Pause zu machen und immer verneinte derjenige, der nicht gefragt hatte. Wir wollten keine Schwäche zeigen. Beide nicht. Umso seltsamer war es nun dort zu sitzen und zu kapitulieren.
Der Sommer war ein guter dieses Jahr. Mehr Sonne als im vergangenem, aber keine drückende Hitze. Der Sommer war quasi perfekt für all das, was wir uns in den letzten drei Jahren vorgenommen hatten und was wir immer verschoben hatten. Schon vorletztes Jahr wollten wir am See zelten und letztes Jahr wollten wir mindestens eine Woche lang leben wie Sommerkinder: Jeden Tag grillen, Bier trinken und zwischendurch Fußball gucken oder schwimmen gehen und vor allem entspannen. Wir haben es nicht gemacht, warum auch immer. Dieser Sommer wäre perfekt für all das gewesen.
Vor einem Monat hatten wir unsere Abiturzeugnisse bekommen. Das große Ziel war endlich erreicht. Es wurde angemessen gefeiert, wir lagen uns in den Armen, sangen, tranken, tanzten und einige weinten. Wir weinten nicht. Wir wussten was kommt und es gab keinen Grund für Tränen.
Er hatte sich für den Zivildienst bei der freiwilligen Feuerwehr entschieden und ich hatte mich für einen Studienplatz an der Universität in unserer Stadt beworben. Alles würde so bleiben wie es war und wir freuten uns darüber.
Ich hatte es ihm natürlich sofort erzählt, als meine Eltern mich dazu drängten mich an weiteren Universitäten zu bewerben. Man wisse nie was komme und ich sollte am Ende des Sommers nicht ohne Studienplatz dastehen. Also schrieb ich zwei weitere Bewerbungen, um meine Eltern zu beruhigen. Die erste Absage kam von einer der Alternativuniversitäten und ich freute mich über diese Absage, wenn auch nicht vor meinen Eltern. Meine Pläne standen fest. Ich wollte hierbleiben. Hier, wo ich mich auskannte. Hier, wo ich mich wohlfühlte. Hier, bei ihm.
Meine Eltern waren durch die Absage wieder beunruhigt, aber die Freude über das bestandene Abitur war immer noch überwiegend und wir genossen es, endlich Zeit für die Dinge zu haben, die wir sonst auch taten, nur jetzt ohne irgendwelche Einschränkungen von außen. Wir waren frei und benahmen uns auch so. Als zwei Wochen später die Zusage von der zweiten Alternativuniversität ins Haus flatterte, gaben auch meine Eltern endlich Ruhe. Jetzt fehlte nicht mehr viel und unser neues Leben im alten Rahmen würde beginnen. Wir schmiedeten Pläne, wer wann wo sein würde und wie man am meisten Zeit miteinander verbringen könnte. Wir suchten nach Konzerten, nach Festivals und nach neuen Plätzen zum chillen. Ein bisschen Veränderungen wollten wir schon, schließlich würde es ein neuer Lebensabschnitt wertden. Wir fühlten uns so erwachsen und so frei wie nie zuvor.
Danke fürs Lesen!
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