Freunde bleiben.
Ich habe versucht "Fast Perfekt" weiter zu schreiben, leider nicht zu meiner Zufriedenheit. Deswegen heute eine neue Kurzgeschichte. Bei Interesse könnte ich sie auch fortführen. Also gebt mir ein Zeichen ;)
„Man, wir haben uns ja auch lange nicht mehr gesehen!“, schrie er in mein Ohr und haute mir ein wenig zu fest mit der Hand auf den Rücken. Ich grinste nur, hob meine Bierflasche und prostete ihm zu. Er erwiderte es mit der seinigen und fing an im Rhythmus der unglaublich lauten Musik von einem Fuß auf den anderen zu wippen. Sein Blick schweifte durch den Raum und ich sah ihn an. Er hatte sich nicht sonderlich verändert. Seine Haare waren ein bisschen ordentlicher gekämmt und an den Wangen konnte man den Schatten eines Bartes erkennen. Nur seine Klamotten sahen anders aus. Völlig anders. Und ich schmunzelte, denn ich wusste, dass er damals so etwas niemals angezogen hätte und jeder, der sich so kleidete, Opfer seiner verbalen Ausbrüche geworden wäre. Die Zeiten ändern sich.
Sein Blick traf mich, als er aufhörte die Menge an Menschen um uns herum auf dieser Party zu betrachten. Er grinste. Breit und frech. Und ich spürte, wie ich rot wurde ohne zu wissen, warum. „Bis später.“, brüllte er und deutete mit der Bierflasche auf eine Traube von Menschen, die ein paar Meter von uns entfernt standen und alle ähnliche Klamotten trugen wie er.
Ich drängt mich durch die tanzende Menschenmenge in Richtung Terrasse. In der Hoffnung, dort ein bisschen frische Luft und Abstand von dem Musiklärm zu finden, drängt ich mich durch die Gruppe der rauchenden Gäste, die, wie Pinguine dicht nebeneinander gedrängt, möglichst nahe an der Terrassentür standen, um beim Rauchen nicht von der Party drinnen abschnitten zu sein. Ich setzte mich auf die kleine Treppe, die in den Garten führte, wo sich erstaunlicher Weise noch niemand niedergelassen hatte. Ich nahm einen Schluck von dem Bier, betrachtete dann das Etikett und ließ meinen Blick über den dunklen Garten schweifen. Nachdem sich meine Augen etwas an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte ich im hinteren Teil des Gartens die Silhouetten eines knutschenden Pärchens. Wie romantisch. Ich seufzte.
Mein Rücken zog immer noch an der Stelle, auf die Lukas aus freundschaftlich gemeinter Geste drauf gehauen hatte. Es war kein wirklicher Schmerz, aber es war dennoch zu spüren. Es war ungefähr genauso undefinierbar an wie das Gefühl, dass sich in meinem Bauch und auch in meinem Herzen gerade breit machte. „Ihr seid meine wirklichen Freunde. Keiner kennt mich so gut wie ihr, wie soll ich das aushalten, wenn wir uns nicht mehr jeden Tag sehen?“ Ich erinnerte mich an seine Worte so genau, obwohl sie in einer sehr alkoholreichen Nacht gesprochen wurden. Ich hatte immer gedacht, dass wir Freunde bleiben. Wirklich. Wirkliche Freunde. Egal was passiert. Auch wenn wir uns in letzter Zeit nicht mehr gesehen hatten, waren da immer noch Freundschaftsgefühle für ihn in meinem Herzen aufbewahrt. Aber die schienen genau in diesem Moment aus mir zu entweichen, wie die Luft aus einem Ballon, wenn man ihn nicht zu knotet und loslässt. Da war nichts mehr von dem zwischen uns, auf das wir früher so Stolz gewesen waren. Da war kein wortloses Verständnis. Da war noch nicht mal mehr Interesse. Oder bildete ich mir das nur ein? Wollte er vielleicht „später“ mit mir wirklich noch reden und sich für mich interessieren und sich über das Leben austauschen und die Vergangenheit auffrischen?
Das Pärchen aus der Dämmerung schlenderte nun händchenhaltend auf die Terrasse zu, stiegen an mir vorbei die Treppe hoch und drängten sich durch die rauchenden Pinguine. Ich hatte nie irgendein romantisches Interesse gehabt an Lukas. Aber es kränkte mich, dass das Freundschaftsgefühl weg war. Vor allem hatte ich das Gefühl, dass ich die ganze Zeit versucht hatte, die Luft im Ballon zu halten und er ihn jetzt einfach losgelassen hatte. Ich blickte zum Himmel, aber konnte keine Sterne entdecken. Vielleicht waren zu viele Wolken davor oder das Licht von drinnen war zu hell. Mein Blickwinkel ließ mich nichts schönes sehen.
Ich trank mein Bier aus, stand auf und gesellte mich zu den Pinguinen.
Danke fürs Lesen!
Kommentare
ich mag es so, dass du nicht von anfang an alles erklärst und sachen erst mit der zeit eindeutuger werden :) schön und so nah am leben.