Kontaktlisten
Im Zeitalter der neuen Medien gibt es
viele seltsame Phänomene. Eines davon ist mir in den letzten Tagen
verstärkt aufgefallen. Es geht um Menschen. Und wie wir mit ihnen in
Kontakt stehen. Bzw. geht es heute eher um die Sorte von Menschen,
mit denen wir nicht (mehr) in Kontakt sind.
Es gibt diese Momente, wenn man
beispielsweise ein neues Handy bekommt und die Kontaktdaten
überträgt, in denen man feststellt, dass man Kontaktdaten von
Menschen hat, mit denen man schon seit einiger Zeit, vielleicht ein
paar Monate, vielleicht sogar Jahre, überhaupt keinen Kontakt hat. Das
ist wohl nichts besonderes, Menschen verlieren sich gegenseitig aus
den Augen, man hat viel um die Ohren und all sowas. Manche Kontakte
hat man vielleicht auch nur für einen bestimmten Zweck, der bereits
erfüllt wurde. Aber es gibt eben auch diese, mit denen man einmal
viel geteilt hat: Freundschaft, Bekanntschaft, Hobbies, Lebenszeit.
Und nun sitzt man vor dem neuen Medium und fragt sich: Brauche ich
diesen Kontakt noch?
Nach Aussagen von Menschen, die gerne
Ordnung halten, sollte man alles, was man länger als eine gewisse
Monatsanzahl nicht gebraucht hat, einfach wegtun. Zählen Menschen
und die Kontaktwege zu ihnen auch dazu? Ja, man hat vielleicht schon
über eine lange Zeit keinen Kontakt mehr – aber verbindet einen
nicht noch irgendwas? Was wäre, wenn man nun wieder Kontakt
aufnehmen würde – würde man dann nicht mit einer hohen
Wahrscheinlichkeit feststellen, dass einen immer noch manches
verbindet wie ähnliche Vorlieben, Weltansichten und Sympathie?
Manchmal habe ich das Gefühl, man
schafft es nur mit einer gewissen Anzahl von Menschen Kontakt zu
halten und alles, was darüber hinausgeht, fällt irgendwo runter.
Auch wenn einen doch so manches einen könnte. Bestimmt gibt es
Situationen, in denen Wege sich teilen und man nicht mehr zueinander
findet. Aber was ist mit all den Wegen, die parallel laufen, auf
ähnlicher Strecke, mit ähnlichen Höhen und Tiefen? Und man ist
nicht mal mehr in der Lage, sich hin und wieder zu winken und sich
mitzuteilen: Hey, es gibt mich noch und wir sind immer noch
miteinander verbunden. Mindestens im Herzen. Oder gehört es im Leben
einfach dazu, dass man sich ohne größere Gründe trennt und nie
wieder sieht? Oder verbindet einen mit den Menschen, mit denen man
den Kontakt hält, doch mehr als mit den anderen wo der Kontakt
brachliegt? Wie groß ist unsere Welt, die wir uns erschaffen? Um es
mit den Worten einer lieben Freundin zu sagen: „Manchmal sind wir
auch nur ganz klein.“ Und unsere Welt, unser Tun und alles ebenso.
Es macht mich traurig, dass so vieles so kurzlebig ist.
Episodenartiges Leben mit immer neuen Besetzungen. Jede Besetzung hat
ihre eignen Vorteile. Und doch fragt man sich, was mit den anderen
geschieht, die nicht mehr aktuell zu sehen sind...
Viele Fragen. Kaum Antwort. Denn
manchmal lässt sich das Leben nicht erklären.
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