Herbstmelancholie.

Mit nackten Füßen auf nassem Gras. Der kalte Novemberwind bläst ihr die Haare aus dem Gesicht. Ihr Blick wandert über die Landschaft. Wiese. Kahle Bäume. Braune Büsche. Laub. Überall Laub. Als es noch an den Bäumen hing und in allen Herbstfarben leuchtete, war es schön anzusehen. Jetzt aber liegt es in einem einheitlichen Braun auf dem Boden, durchnässt und matschig. Es anzuschauen macht keine Freude mehr, sondern stimmt sie unerklärlich traurig. Eine Krähe schreit und der Himmel ist grau und undurchsichtig. Für einen Moment hat sie das Bedürfnis, sich fallen zu lassen, alles loslassen, am Boden liegen, sich der grauen Herbststimmung hingeben. Nichts tun. Nur da liegen und alles aus sich rausfallen lassen. Alle Fragen, alle Traurigkeit, alles Unverständnis. Das braune Laub würde sie auffangen, sie umfangen, verschlingen. Eingedeckt in das nasse Zeichen der Vergänglichkeit. Sie schwankt. 
 
Und steht dann wieder fest. Atmet die Herbstluft ein, die ihrer Lunge erfrischen. Sie ist am Leben. Auch wenn es Herbst ist und alles sie daran erinnert, dass das Leben endlich ist. Heute, morgen, gestern, vor einer Woche und vor drei Monaten. Das Leben ist endlich. Aber sie ist am Leben. Sie liegt nicht wie das Laub am Boden. Sie steht mit beiden Beinen auf dem Boden und im Leben. Sie fühlt das nasse Gras, sie hört die Krähe, sie sieht den Himmel. Und sie atmet. Ein und aus und ein und dreht sich dann um und geht wieder in das warme Innere des Hauses. Denn zu leben ist ein Geschenk.

Kommentare

Da Mürri hat gesagt…
Ich mag raschelndes Laub am Boden *sich outet* :D
Passende Überschrift, wunderschöne Stimmung :)

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