Louise IV

Dies ist ein neues Schreibprojekt. Am Mittwoch, den 4.10.2006 fielen mir die ersten Zeilen eines Textes ein. Ich schrieb sie auf und schrieb den Text weiter. Als ich am Ende angelangt war, stellte ich fest, dass die Geschichte einen ganz anderen Verlauf genommen hatte, als ich gedacht hatte. Also nahm ich mir nochmal die ersten Zeilen und schrieb eine andere Geschichte daraus. Und auch wenn die Namen und zunächst vielleicht die Erzählperspektive gleich bleiben, sind es total unterschiedliche Geschichten. In nächster Zeit möchte ich noch mehr von diesen "Louise"-Geschichten schreiben, die immer gleich beginnen und unterschiedlich enden.Diese ist nun die vierte im Bunde:

„Sie heißt Louise. Louise.“ Seine Augen strahlten. Ich kannte sein Strahlen, auch wenn es schon lange nicht mehr seine Augen erhellt hatte. „Lousie wiederholte Natalie und fügte hinzu: „Schöner Name.“ „Das tut ja nicht so sehr viel zur Sache.“, meinte er. „Viel wichtiger ist..“, er sah zu mir hinüber. „Viel wichtiger ist, ob ihr mit ihr zurecht kommt.“ Natalie lachte und flötete: „Ach Papa! Hauptsache du magst sie und sie mag dich!“ Er lächelte Natalie an. Ich habe ihr Art schon immer gehasst, alles auf die leichte Schulter zu nehmen. Ich sagte nichts und versuchte auch sonst keinerlei Regung von mir zu geben. Er sah mich wieder an. So hatte er mich früher auch schon immer angesehen, als ich noch ein kleines Kind war. Er versuchte meine Gedanken mit seinem Blicken zu fassen, besonders in solchen Situationen, in denen ich nichts sagte und die Situation um uns herum unruhig war. Natalie schien davon nichts mitzubekommen – damals wie heute. Ich war froh darum. Zum einen, weil sie meine Nachdenklichkeit noch nie verstanden hatte und zum anderen, weil dieser Blickaustausch etwas war, was sie mir nicht wegnehmen konnte.

Er drehte sich wieder Natalie zu und fragt offen heraus: „Du meinst also, dass es dir nichts ausmacht meine neue Freundin mal kennen zu lernen? Und es macht dir auch nichts aus, wenn Louise und ich zusammen ziehen?“ Natalie zuckte mit den Achseln und sagte: „Ist doch dein Leben.“ Ich wäre ihr am liebsten an die Kehle gesprungen. Es fiel mir schwer die Haltung zu wahren. „Hast du Mama davon erzählt?“ Es war der erste Satz, den ich zustande brachte, seit dem sich das Gespräch um Papas neues Leben drehte. „Ich habe es erwähnt, ja.“, sagte er, aber er sah mich nicht an. „Ist ja auch deren Sache.“, meinte Natalie zu mir.

Ich merkte langsam, dass ich die Einzige zu sein schien in dieser Familie, die der Vergangenheit hinterher trauerte und der das neue Leben nicht allzu sehr gefiel. Auch wenn der einzig grundlegende Unterschied war, dass Papa nicht mehr zu Hause wohnte und wir ihn nur ab und an zu sehen bekamen. Trotzdem schienen alle die neue Lebensform zu genießen. Mama und Papa sowieso und Natalie war offensichtlich eh alles egal. Ich sammelte alle meine Kräfte zusammen und schob alle Trauer und Enttäuschung und alles in die hinterste Ecke meines Herzens, atmete tief durch, versuchte zu lächeln und sagte dann: „Ja natürlich. Es ist ihre Sache. Solange sie glücklich werden soll es mir egal sein.“ Seine Augen strahlten noch mehr und er verfiel sehr plötzlich in geschäftiges Treiben zum Aufbruch. Vielleicht hatte er Angst, wir könnten es uns anders überlegen. „Gut. Dann bin ich wirklich erleichtert, ihr beiden Süßen.“ Er stand auf und zog sich seine Jacke an. „Entschuldigt mich, ich habe gleich noch einen wichtigen Termin in der Firma. Ich melde mich bald wieder bei euch.“ Er ging zur Tür. „Schöne Grüße an Louise!“, rief Natalie ihm fröhlich hinterher. „Oh! Das werde ich ihr gerne von euch ausrichten.“, rief er zurück und dann fiel die Tür ins Schloss. Von uns? Ich hatte keinen Ton gesagt. Und wenn er mich nur noch einmal so angesehen hätte wie er es damals immer gemacht hatte, dann hätte er vermutlich gesehen, dass ich diese ganze neue Lebenssituation immer noch hasste. Aber er hatte es nicht getan.


28.7.07

Danke fürs lesen.

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